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Kreistag: Rede der Fraktionsvorsitzenden zum Haushalt 2018

CDU Kreistagsfraktion Euskirchen Ute Stolz

CDU Kreistagsfraktion Euskirchen Fraktionsvorsitzende Ute Stolz

Sehr geehrter Herr Landrat,
lieber Herr Poth,
verehrte Damen und Herren aus der Verwaltung,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Kreistages,
sehr geehrte Gäste und Zuhörer,
„ein schützendes Dach braucht starke Mauern“.

Nehmen wir einmal unseren Kreis Euskirchen und sehen ihn als Dach für seine kreisangehörigen Städte und Gemeinden. Wenn es heute um den Kreishaushalt geht, dann stellen letztere gerne immer wieder die Gretchenfrage: „Lieber Kreis, wie hältst Du es mit der Kreisumlage?“ Da können wir heute recht frohen Herzens doch sagen: Eigentlich so wie im letzten Jahr. Nun weiß ich auch, dass wir die Umlagen zwar nach Punkten nicht anheben, die Kommunen dennoch mehr zahlen müssen. Aber dies liegt zu einem nicht geringen Teil daran, dass unsere Städte und Gemeinden auch selbst auf eine etwas entspanntere Haushaltslage blicken können. Unsere Wirtschaft befindet sich nach wie vor in einem Hoch, die Steuern fließen und kommen eben auch auf der untersten Verwaltungsebene an, da Bund und Land verstanden haben, dass die konkrete Politik für Bürgerinnen und Bürger nicht in Düsseldorf und Berlin, sondern die Attraktivität eines Lebensraums vor Ort gestaltet wird. Die Zusage des Landes, Mittel des Bundes wie etwa für die Integration von Flüchtlingen und Zuwanderern, ohne Vorbehalt an die Städte und Gemeinden weiterzuleiten, wird offensichtlich eingehalten. Somit sorgt das Land für einen weitgehend fairen Lastenausgleich.

Und so sind denn auch die Proteste und Einwendungen der Damen und Herren aus den Rathäusern in diesem Jahr so moderat ausgefallen wie schon lange nicht mehr, und manch ein Bürgermeister kann gar einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen. Das freut uns und dazu gratulieren wir. Sieht man doch, dass eben auf allen Ebenen die Hausaufgaben gemacht worden sind, und die Not der letzten Jahre uns gelehrt hat, vorsichtig zu sein.

Wir brauchen starke Mauern, die das Dach „Kreis Euskirchen“ tragen und stützen. Dafür werden wir unsere Städte und Gemeinden schützen. Schauen wir uns die Entwicklungen der letzten Jahre an, so können wir mit Stolz auf viele Projekte schauen, in denen wir neue Ideen entwickelt, Strukturen ausprobiert und die Gemeinden motiviert haben. Von vorne herein jede neue Idee und jedes Projekt abzulehnen, da es sich ja verstetigen könnte, führt zu einer Politik des Zauderns und der Ängstlichkeit, sicherlich keine Eigenschaften, die einen erfolgreichen Unternehmer ausmachen und auch keine zukunftsgewandte Gebietskörperschaft.

In unserem ländlichen Gebiet kann heute nicht mehr jede Gemeinde selbst alles leisten und so gilt es, einen guten Mittelweg zwischen der Bürgernähe vor Ort und der Schwarmintelligenz vieler Kommunen zu suchen. Wir haben immer wieder von interkommunaler Zusammenarbeit gesprochen und es gibt sie. Schauen wir auf den Südkreis, der sich in vielen Bereichen des Sozialwesens zusammengeschlossen hat, und wo einer für alle spezielle Aufgaben übernimmt. Ein solches Beispiel könnte sicherlich auch an anderen Orten Schule machen, doch braucht es den Mut aus Politik und Verwaltung, diese Wege zu gehen.

Wenn wir überlegen, dass die Sozialhilfe doch wieder in die verantwortliche Sachbearbeitung des Kreises gehen soll, dann ist dies die Antwort darauf, was in einzelnen Kommunen geleistet werden kann, darf aber nicht dazu führen, bewährte Strukturen in Frage zu stellen. Daher werden wir zwar für eine Rücknahme der Delegation der Sozialhilfe sprechen, aber gleichzeitig Modelle mitentwickeln, die die erprobte Zusammenarbeit nicht in Frage stellt.

Modelle entwickeln – ein gutes Stichwort für ein weiteres Schwerpunktthema unserer Agenda bis 2020: die Kreisentwicklungsplanung. Der Prozess dazu ist angestoßen, die derzeit erkennbar notwendigen Mittel werden bereitgestellt. Nun gilt es, gemeinsam und im Austausch mit unseren kreisangehörigen Städte und Gemeinden und den Vertretern unserer Zivilgesellschaft die notwendigen Eckpunkte zu formulieren, die unserer Region mittel- und langfristig eine wachstumsorientierte Zukunft sichern. Wir freuen uns in diesem Zusammenhang auf einen interessanten und spannenden Dialog.

Ein Haus lebt erst durch die Menschen, die es bewohnen und prägen. Wir brauchen daher in den Gemeinden, aber vor allem auch im Kreis gute Mitarbeitende auf allen Ebenen. Es macht uns seitens der CDU-Kreistagsfraktion Sorge, wenn wir die Alterspyramide sehen und wissen, dass in den nächsten Jahren Leistungsträger der Verwaltung in den Ruhestand gehen. Insofern begrüßen wir jede Form der Personalentwicklung und vor allem der Qualifikation auf allen Ebenen, gerade aber auch beim Führungsnachwuchs. Wir dürfen uns nicht scheuen, verstärkt in die Ausbildung wie in die Fortbildung zu gehen. Jeder Euro ist dort gut angelegt und sichert die Qualität auch für die Zukunft.

Daher soll auch jeder leistungsgerecht entlohnt werden. Wenn wir aber heute im Stellenplan darüber abstimmen, eine Stelle umzuwandeln und mit einer höheren Entgeltgruppe zu versehen, dann möchte ich das gerne in einem anderen Lichte betrachten. Hier geht es nicht darum, die Leistung eines Mitarbeitenden zu bewerten. Hier geht es darum, ob wir auf eine uns vom Landrat gegebene Zusage vertrauen oder nicht. Als wir vor fast genau zwei Jahren darüber gesprochen haben, ob es Sinn macht, die Verwaltungsorganisation zu verändern, haben wir – und nicht nur wir – sehr deutlich gemacht, dass dies aus inhaltlichen Gründen nicht unsere Zustimmung findet. Der Landrat hat sich darüber hinweggesetzt, formal-juristisch möglich, politisch aber eher unklug und von wenig Gemeinschaftsgeist geprägt. An dieser Stelle frage ich mich, wer denn gerade stehenbleibt und damit im Weg steht …

Wir haben damals bereits angekündigt, dass wir einer späteren Höhergruppierung der neu geschaffenen Stelle nicht zustimmen werden. Daher standen wir in der Fraktion vor der Frage, wie wir nun – zwei Jahre später – damit umgehen. Man kann zu dieser Frage zwei sehr unterschiedliche Antworten geben und das werden wir auch heute tun. Insofern wundern Sie sich nicht, wenn Sie bei der späteren Abstimmung feststellen, dass wir beiden Sichtweisen Raum geben. Dies ist für mich ein Zeichen gelebter Demokratie und sicherlich auch ein Zeichen, dass wir einmal gegebene Zusagen so schnell nicht vergessen, aber auch wissen, wo die Vorgaben des Landesgesetzgebers uns in der Entscheidungsbefugnis – leider – Grenzen gesetzt haben.

Wenn ich zu Beginn die Begriffe „Dach und Mauern“ genannt habe, so begleiten diese uns auch zu zwei weiteren wichtigen Themen, über die wir heute im Rahmen des Haushaltes abstimmen.

Gemeinsam mit unserem Listenpartner haben wir einen Antrag vorgelegt, mit dem wir uns verstärkt in die Planung und Schaffung von bezahlbaren Wohnungen in zentraler Lage aussprechen. Wir wissen, dass wir erst am Beginn eines längeren Prozesses stehen, aber wir haben erkannt, dass wir dieses drängende Problem angehen müssen. Teilhabe von Menschen, die aus verschiedenen Gründen eine Starthilfe brauchen, ist uns ein zentrales Anliegen. Vor Jahren haben wir in der Kreisverwaltung und darüber hinaus sogenannte Einfacharbeitsplätze geschaffen, aus heutiger Sicht ein Erfolgsmodell, das Menschen in Arbeit gebracht hat, die vorher wenig Chancen hatten. Ähnlich sehen wir unsere Initiative, angemessenen Wohnraum zu schaffen. Seitens der CDU-Kreistagsfraktion werden wir bei einem Fachtag auch die Städte und Gemeinden einbinden und weitere Ideen entwickeln. Es geht uns um ausgeglichene Lebensverhältnisse für alle Bürger und in allen Kommunen. Daher unterstützen wir ebenso die Projekte im Kampf gegen den Leerstand auf den Dörfern, vor allem im Südkreis. Scheinbar stehen beide Anliegen im Kontrast zueinander, ergänzen sich für uns aber, da wir unterschiedliche Zielgruppen in unterschiedlichen Lebenssituationen ansprechen und für beide eine Lösung finden möchten.

Großes Thema der letzten Wochen ist aber ein ganz anderes: Der Kreishausanbau. Wir - die Fraktionen - haben die Argumente dazu ausgetauscht und sind leider nicht zu einem gemeinsamen Ergebnis gekommen. Daher fasse ich auch hier unsere Haltung, die Haltung der CDU-Kreistagsfraktion, einfach noch einmal kurz zusammen: Wir wollen, dass der Kreis Euskirchen sich weiterentwickelt. Daher brauchen wir gute Arbeitsbedingungen für unsere Mitarbeitende. So wie wir auf die interkommunale Zusammenarbeit setzen, sehen wir auch die interdisziplinäre Zusammenarbeit als Modell der Zukunft. In der Forschung, in der Medizin ist dies Alltag, warum nicht in der Verwaltung? Haben wir auch hier wieder Angst vor dem Fortschritt, davor etwas Neues auszuprobieren? Wie können wir Mut zu ungewöhnlichen Ideen von den Mitarbeitenden der Verwaltung fordern, wenn wir selber im Alten verharren? Dies gilt gleichermaßen für die ablehnende Haltung einer „großen“ Lösung wie auch einer innovativen Bauweise in Holz-Hybrid.

Wir wissen, dass dieser Anbau viel Geld kosten wird, und wir übernehmen die Verantwortung für unsere Entscheidung, die letztlich kein Bürgermeister und kein Fraktionsvorsitzender vor Ort, sondern wir treffen müssen.

Zusammenarbeit kann aber nur gelingen, wenn Menschen sich auf den Weg zueinander machen, im übertragenen wie auch im tatsächlichen Sinne. Mobilität stellt uns heute vor viele Herausforderungen. Dabei geht es mir darum, dass unsere Region gut erreichbar ist für Waren, Güter, Dienstleistungen und den Tourismus, aber auch unsere Bewohner im Kreis ihre Arbeitsplätze, Studienorte, Ärzte, kulturelle und sportliche Ereignisse erreichen können und dafür nicht ihren Wohnort in die Ballungsgebiete verschieben müssen. Leider haben wir als Kreis nur beschränkte Einflussmöglichkeiten.

Umso wichtiger ist es, über die Parteigrenzen hinweg alle politischen Kräfte zu mobilisieren, wenn es um die bessere verkehrsmäßige Erschließung unseres Raumes geht. Dazu gehört z.B. die Bereitstellung dringend notwendiger Finanzmittel in Düsseldorf und Berlin, damit die Voreifelstrecke von Bonn über Euskirchen nach Bad Münstereifel elektrifiziert wird. Dies gilt natürlich auch für die Eifelstrecke von Köln über Euskirchen nach Gerolstein. In diesem Zusammenhang will ich aber auch die Reaktivierung der Bördebahn ansprechen. Die zügige Aufnahme des „Echtbetriebes“ von Euskirchen nach Düren ist längst überfällig auf dem Hintergrund der Tatsache, dass damit endlich eine SPNV-Anbindung in den Raum geschaffen wird, dem wir seit Jahrzehnten durch den Gesetzgeber landesplanerisch zugeordnet werden: die Region Aachen.

Schließlich geht es auch weiterhin darum, dass wir endlich die A1 um das ihr noch fehlende Stück ergänzen. Auch da sind Bund und Land in Verantwortung. Jede Initiative ist willkommen und wenn es nur darum geht, durch vielleicht nicht ganz ernst gemeinte Finanzierungsvorschläge das Thema wieder und wieder in die Öffentlichkeit zu bringen.

Wenn ich die A1 thematisiere, dann stehe ich in einer politischen Tradition zu meinem Vorgänger als Fraktionsvorsitzendem, Josef Reidt. Bitte erlauben Sie mir daher zum Schluss ein wenig ungewöhnlich zu enden. Dies ist meine erste Kreistagssitzung in neuer Funktion und damit auch meine erste Haushaltsrede. Wir haben Anfang Januar den Wechsel in der Fraktionsspitze vollzogen, und damit hat Josef Reidt seine Zusage zu Beginn dieser Wahlperiode eingelöst.

 

Lieber Herr Reidt,

wir haben Ihnen in den Reihen der Fraktion bereits Dankeschön gesagt. Ich denke aber, dass auch ein Gremium wie der Kreistag sich einem solchen Dank anschließen sollte, wenn jemand über 27 Jahre die größte Fraktion angeführt hat. Es war nicht immer leicht für Sie, aber ich weiß, dass Sie auch in den anderen Fraktionen fachlich wie menschlich hoch geschätzt werden. Sie haben sich nun teilweise in die zweite Reihe zurückgezogen, auch wenn Sie in wichtigen Gremien wie der Kreissparkasse und dem Kreiskrankenhaus noch in vorderster Front stehen. Aber ich bin dankbar, auf Ihre Erfahrung, Ihren Rat und Ihre Unterstützung zurückgreifen zu dürfen.

So bleibt mir abschließend, allen Dank zu sagen, die auch in diesem Jahr mit uns diskutiert, gerungen und um die richtigen Entscheidungen gekämpft haben. Dies gilt in erster Linie den Mitarbeitenden der Verwaltung, den Fachbereichen und der Kämmerei. Es ist nicht selbstverständlich, dass Sie in vielen Stunden uns in unseren Beratungen abends und am Wochenende kompetent, wertschätzend und geduldig begleiten. Sie begegnen der Politik auf Augenhöhe. Und so können wir gemeinsam (jeder in seiner Rolle) gute Ergebnisse präsentieren und das Dach Kreis Euskirchen weit aufspannen. Wir werden dem Haushalt natürlich zustimmen, was Sie sicherlich nicht verwundern wird.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und Ihnen, Herr Reidt, nochmals für Ihre Zeit als Dachdeckermeister beim Bau des schützenden Daches Kreis Euskirchen.